Der Großteil der westlichen Bevölkerung sind von Karies betroffen – und das trotz Zahnhygiene. Warum? Die Antwort liegt in der Ernährung. Aber überraschenderweise nicht nur im Verzicht auf Zucker, wie eine aktuelle Studie zeigt: An der University of Applied Sciences Upper Austria in Wels wurde jetzt nachgewiesen, dass der Verzehr von nitrathaltigem Rote Beete Saft das Wachstum der Kariesbakterien hemmt.

In unserem Mund brauchen wir NO zur Keimbekämpfung. NO bekämpft schädliche Bakterien, die für Zahnfleischentzündung, Karies und schlechten Atem verantwortlich sind. Rote Beete und grünes Blattgemüse sind gute Quellen an der NO-Vorstufe Nitrat. Dieses Nitrat wird über die Verdauung aufgenommen und gelangt dann in unseren Speichel. Ist das Nitrat erst einmal dort angelangt, wird es von den Bakterien der natürlichen Mundflora zu Nitrit umgewandelt und greift dann als NO kariesverursachende Bakterien gezielt an. Personen, die mehr Nitrat im Speichel haben bzw. die eine gute Fähigkeit Nitrat zu Nitrit umzuwandeln, haben ein signifikant geringeres Risiko, an Karies zu erkranken.

Nitrat – gut oder böse?

Vielleicht erinnert sich der eine oder andere, dass Nitrat in der Vergangenheit ein recht kontroverses Thema war, denn bei Nitrat und Nitrit auch aus Gemüse wurde ein Zusammenhang mit der Bildung krebserregender Nitrosamine vermutet. Diese frühere Annahme wurde aber mittlerweile durch immer mehr Beweise fortwährend widerlegt – Vegetarier haben schlicht kein höheres Krebsrisiko. Im Gegenteil, weitere klinische Studien zeigten, dass nitratreicher Rote Beete Saft und eine Ernährung reich an Blattgemüse herzschützend wirken indem der Blutdruck gesenkt wird, die Durchblutung verbessert und die Blutgerinnung gehemmt wird. Mehr zum Thema Nitrat und Nitrosamine gibt es hier zu lesen.

Die Studie

46 Probanden nahmen an der Studie teil. Jede Person erhielt entweder nitratreichen Rote Beete Saft (100ml konzentrierter Rote Bete Saft = 400mg Nitrat) oder ein Placebo (Rote Beete Saft, dem das Nitrat entzogen wurde), die sie über 14 Tage jeden Tag einnahmen. Danach wurden die Studienteilnehmer noch weitere 4 Wochen beobachtet, in denen kein Rote Beete Saft mehr eingenommen wurde, um Langzeiteffekte aufzudecken. In regelmäßigen Abständen wurden Speichelproben genommen um den pH Wert des Speichels zu messen und es wurde täglich die Umwandlung von Nitrat zu Nitrit mit im Speichel überprüft. Diese Umwandlung ist ein kritischer und notwendiger Schritt für die nachfolgende Bildung von NO und daher auch die Bekämpfung der Kariesbakterien.

Ergebnisse der Studie

Die Studienergebnisse zeigten eine Verbesserung der NO-Verfügbarkeit über die 14 Tage Einnahmezeitraum. Das Rote Beete-Konzentrat ließ also im Vergleich zum Placebo die NO-Werte deutlich nach oben gehen. Interessant dabei: Diese verbesserte NO-Verfügbarkeit konnte mit normaler Ernährung bei weitem nicht erreicht werden. Ein weiterer Beweis dafür, dass wir immer noch deutlich zu wenig Gemüse essen!

Um eine Anti-Karies Wirkung feststellen zu können, wurden in der Studie der pH-Wert des Speichels gemessen. Der pH-Wert im Mund zeigt an, ob und wie viele kariesauslösende Bakterien sich im Mund befinden. Ein niedrigerer – also saurer – pH-Wert bedeutet, dass mehr säureproduzierende Bakterien im Mund aktiv sind. Da es genau diese Säure ist, die den Zahnschmelz angreift und so Löcher hineinfrisst, ist ein höherer pH-Wert in diesem Fall besser. Ein erhöhter pH-Wert bedeutet, dass die Anzahl an säureproduzierenden Bakterien reduziert wurde – und genau das wurde in der Studie festgestellt. Der pH-Wert wurde durch die Einnahme von Rote Beete Saft um 0,5 angehoben, was die Anti-Karies Wirkung des Rübensaftes bestätigt. Der Effekt hält allerdings nicht ewig an. Sobald das Nitrat abgebaut und ausgeschieden ist, können sich Kariesbakterien wieder wie zuvor vermehren. Für eine langfristige Anti-Karies Wirkung empfehlen die Studienautoren immer wieder nitratreichen Rote Beete Saft einzunehmen. Die Kontrolle kann selbst über Nitric Oxide Speichelteststreifen erfolgen: Sobald der gemessene NO-Level fällt, sollte wieder Rübensaft ergänzt werden, bevor sich kariesauslösende Bakterien wieder ansiedeln und vermehren können.

Oder doch lieber Mundspülung?

Ein wichtiger Punkt in diesem Zusammenhang ist die Verwendung antibakterieller Mundspülung. Diese Produkte greifen die gesamte Mundflora an, und damit auch jene Bakterien, die wir für die Umwandlung von Nitrat und den daraus folgenden Anti-Karies-Effekt und alle anderen gesundheitlichen Funktionen brauchen (mehr dazu in diesem Artikel). Im Gegensatz zu Mundspülung greift Rote Beete Saft ausschließlich kariesauslösende Bakterien an.

Kariesschutz trotz Zucker?

Rote Beete enthält von Natur aus Zucker. Bei Konzentraten ist auch der Zuckergehalt mit konzentriert, was zu der Frage führt, wieso trotzdem ein kariesschützender Effekt festgestellt wurde? Die Studienautoren vermuten, dass die antibakterielle Aktivität des Rote Beete Safts die Zuckerquelle in Bezug auf die Vermehrung von Kariesbakterien überwiegt. Einfach gesagt: Sind keine Kariesbakterien mehr vorhanden, können sie auch nicht aus dem Zucker Säure herstellen. Zucker selbst greift die Zähne nämlich nicht an. Erst die Bakterien, die daraus Säure produzieren schädigen den Zahn. Das eine ohne das andere kann kein Karies auslösen.

Quelle: Hohensinn et al: Sustaining elevated levels of nitrite in the oral cavity through consumption of nitrate-rich beetroot juice in young healthy adults reduces salivary pH, 2016.